Ernährungsteam
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Nachdem eine Vielzahl von klinischen Studien die enorme Bedeutung einer frühzeitigen adäquaten ernährungsmedizinischen Therapie belegen konnten, rückt die Ernährungsmedizin zunehmend ins Bewusstsein des medizinischen Denkens und ärztlichen Handelns. Mittlerweile wird auch seitens der Politik die immense Bedeutung der Ernährungsmedizin im Hinblick auf die volkswirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Effekte erkannt und berufspolitische Vorgaben initiiert - unter anderem vom Europarat (Council of Europe, 2002 und 2003).
Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zeigen, dass ca. 20 - 25 % der stationären internistischen Patienten (aber auch Patienten aus anderen Fachabteilungen) mangel- bzw. fehlernährt sind (Löser, 2001). Mangelernährte Patienten weisen oft längere Krankenhausverweildauern und häufiger Komplikationen (u. a. verzögerte Wundheilung, nosokomiale Infektionen) auf als Patienten in einem guten Ernährungszustand (Pirlich et al., 2003), was erhebliche individuelle Konsequenzen für den Patienten hat und nicht zuletzt auch aus gesundheitsökonomischer Sicht relevant ist. Insbesondere unter geriatrischen Patienten findet sich ein hoher Anteil an Mangelernährten (ca. 60 % der über 80-jährigen Patienten). Aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland ist mit einem steigenden Anteil an geriatrischen Patienten an der Gesamtpatientenzahl zu rechnen, was die Bedeutung einer frühzeitigen ernährungsmedizinischen Intervention bei stationären Patienten unterstreicht. In einigen Studien (u. a. McWhirter et al., 1994) lässt sich eine Verschlechterung des Ernährungszustandes während des stationären Aufenthaltes bei bis zu 75 % der Patienten nachweisen, die Ursachen hierfür sind vielfältig (z. B. Nüchternphasen vor diagnostischen Verfahren und operativen Eingriffen, mangelnde Zeit und fehlendes Personal für die Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme, verzögerter Kostaufbau). Das rechtzeitige Erkennen einer Fehl- bzw. Mangelernährung sowie die gezielte ernährungsmedizinische Betreuung dieser Patienten ist daher eine sehr wichtige Aufgabe für den behandelnden Arzt. Eine gegensätzliche Herausforderung stellt die, auch als Epidemie des 21. Jahrhunderts bezeichnete,
dar, die in den letzten Jahren an Prävalenz deutlich zugenommen hat.Zur Unterstützung der behandelnden Ärzte bei der Umsetzung einer ernährungsmedizinischen Behandlung von Patienten nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Leitlinien wurde im Juni 2007 das Ernährungsteam an unserer Klinik gegründet. Das Ernährungsteam setzt sich zusammen aus einer Internistin mit dem Zertifikat Ernährungsmedizin nach dem Curriculum der Bundesärztekammer, einer Fachschwester für klinische Ernährung und zwei Diätassistentinnen. In jeder Fachabteilung gibt es für das Ernährungsteam einen ärztlichen Ansprechpartner, mit welchem fachspezifische ernährungsmedizinische Besonderheiten besprochen werden können. Die Zusammenarbeit erfolgt mit der Diätassistentin der Patientenküche. Seit 2007 werden in der Medizinischen Klinik unseres Hauses zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme bzw. wenn möglich unmittelbar danach unter ernährungsmedizinischen Gesichtspunkten beurteilt (nach dem Nutritional Risk Screening 2002). Sind bei dieser initialen Evaluierung Auffälligkeiten zu dokumentieren, erfolgt die ausführlichere ernährungsmedizinische Beurteilung des Patienten durch ein Mitglied des Ernährungsteams. Je nach erhobener Befundkonstellation erfolgt die ernährungsmedizinische Beratung des Patienten bzw. die Erstellung von individuellen enteralen und parenteralen Ernährungsprogrammen und die Beurteilung des Einflusses der ernährungsmedizinischen Intervention auf den Ernährungsstatus des Patienten im Verlauf. Desweiteren werden Patienten und ihre Angehörige bezüglich enteraler bzw. parenteraler Heimernährung beraten und im Umgang mit den jeweiligen Sonden bzw. zentralen Zugängen geschult. Die Fachschwester für klinische Ernährung kontaktiert vor der Entlassung einen Home Care Service bzw. den behandelnden Hausarzt und bereitet somit die ambulanten Weiterbehandlung vor, um Infornationslücken zwischen stationären und ambulantem Bereich zu schließen. Eine weitere Aufgabe des Ernährungsteams ist es, den Patienten im Hinblick auf inidividuell erforderliche Kostformen (z. B. bei im Rahmen des stationären Aufenthaltes neu entdeckten Erkrankungen, die eine spezielle Diät erforderlich machen) zu beraten. Im Hinblick auf spezielle Kostformen ist es gerade bei gastroenterologischen Krankheitsbildern in den letzten Jahren zu einem Paradigmenwechsel ernährungsmedizinischer Empfehlungen gekommen. Diese geänderten Empfehlungen werden gerade in dem neuen Kostkatolog unseres Klinikums implementiert.
Literaturverzeichnis:
Löser: Dtsch. Med. Wschr. 126 (2001), 729
Pirlich et al.: Dig Dis 21 (2003); 245
McWhirter et al.: Br. Med. J. 308 (1994) ; 945